WIRTSCHAFT DES TEILENS - in vertrauensvollen Nachbarschaften
Digitale Nachbarschaftsplattform in Stutensee gestartet
Wir leben in einer materiellen Überflussgesellschaft, jedenfalls die meisten von uns hier in Deutschland. Durch den wachsenden Wohlstand wächst jedoch auch der Verbrauch an Rohstoffen und fossilen Energieträgern. Der systemeigene Zwang zu Wachstum und Gewinnmaximierung zeigt Auswüchse, die wir als Verbraucher nicht wollen: Experten vermuten, dass bei vielen Konsumgütern die wirtschaftlich sinnvolle Nutzungsdauer absichtlich verkürzt wird.
Dagegen gilt die "Wirtschaft des Teilens" "vielen Ökologiebewegten heute als Hoffnungsträgerin für eine nachhaltige Entwicklung. Werden Räume, Autos, Geräte, Maschinen, Nahrungsmittel oder Kleidungsstücke in der Sharing-Economy gemeinschaftlich genutzt – also geteilt, getauscht, verliehen oder verschenkt –, braucht man in aller Regel deutlich weniger Material, Energie und Fläche. Weniger Neues muss nachproduziert werden.
Car- oder Food-Sharing, Mitfahr- oder Mitwohnmöglichkeiten, Couch-Surfing oder Gemeinschaftsgärten, Tauschringe oder Verleihstationen für Werkzeuge können die gesamtwirtschaftliche Ressourcenproduktivität deutlich erhöhen und damit die Umweltbilanz verbessern.
Von ihren Ursprüngen her sind viele der Praktiken, die heute unter Überschriften wie "Nutzen statt besitzen" oder "Kollaborativer Konsum" zusammengefasst werden, vor allem sozial motiviert. Gelebt wird die Ökonomie des Teilens und Tauschens bis heute vor allem zwischen Personen, die sich kennen: in der Familie, im Freundeskreis oder in der Nachbarschaft. Diese Entwicklung wird getrieben durch einen Bedeutungsverlust von Eigentum als Statussymbol und die schier unendlichen Möglichkeiten des Internets, die das Zusammentreffen von Anbietern und Nachfragern so leicht wie nie zuvor machen." (aus: "Aufwachen, bitte - Überlasst die Sharing-Ökonomie nicht den Internetriesen. Von Reinhard Loske in Zeit-Online v. 30.10.14)
Das Konzept der "Wirtschaft des Teilens" benötigt Vertrauen. Wenn sich Nachbarn persönlich kennen, ist die Vertrauensbasis da, Dinge zu tauschen, sich zu leihen oder mal einen kleinen Job zu übernehmen. Und hier liegt das verborgene Potential der Nachbarschaften und Gemeinden/Ortsteile, das entfaltet werden will.
Zur Entfaltung braucht es aber auch einfache und direkte Kommunikation.
Dazu eignet sich in der heutigen Zeit, in der fast Jeder Internetzugang hat, eine digitale Plattform, die einfach zu bedienen ist.
Zur Vertrauensbildung sollen die Nutzer jederzeit ihre Beiträge, ihr Profil oder ihre Präsenz ändern oder löschen können. Sie sollen stets Eigentümer ihrer Daten bleiben. Die Daten sollen im geschlossenen Kreis bleiben. Mit diesem Vertrauen ist man auch eher bereit, seine persönliche Identität in der geschlossenen Nutzergruppe der Nachbarschaft zu veröffentlichen.
Es gibt mittlerweile mehrere Anbieter von Nachbarschaftsplattformen.
Eine davon ist "Nebenan.de". Auf dieser für Privatleute kostenlosen Plattform haben sich allein in den verschiedenen Karlsruher Stadtteilen bereits über 2000 Nachbarn registriert. Die Plattform richtet sich nach Aussage des deutschen Betreibers in Berlin (Good Hood GmbH) an alle, die an einer lebendigen, nachhaltigen und sicheren Nachbarschaft interessiert sind. Nur echte Nachbarn erhalten Zugang zu ihren Nachbarschaften.
Warum nicht auch in Stutensee eine solche Vernetzung ermöglichen?
Begonnen haben wir vom Verein Potentialentfaltung Stutensee kürzlich am Steinweg im Südosten Blankenlochs. Die digitale Nachbarschaft sollte eine bestimmte Mindestgröße haben, damit sich viele Kontakte entwickeln können. Innerhalb der Nachbarschaft "Blankenloch" haben wir eine geschlossene Gruppe "Am Steinweg" gebildet, damit sich hier die Anrainer über interne Themen wie z.B. Wohnwegfeste, kleine Flohmärkte oder Werkzeugverleih austauschen können. Neben der Nachbarschaft "Blankenloch" können weitere ortsteilbezogene Nachbarschaften gebildet werden. Die jeweils benachbarten Nachbarschaften können sich auch leicht zu Themen austauschen, die die Bevölkerung ganz Stutensees betreffen.
Wer Lust hat, ist herzlich eingeladen, die Entwicklung der nachbarschaftlichen Beziehungen mitzugestalten.
von
Jürgen Conrads
Potentialentfaltung Stutensee e.V.